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Empfohlene Beiträge

 

 

Offener Brief

 

an alle Kultusminister und Ministerpräsidenten der 16

Bundesländer,an die Bundeskanzlerin

und die Bundesministerin für Bildung

 

 

 

Appell anlässlich des 8. deutschen Schulamoklaufs

 

Baden-Württemberg, 19. März 2009

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Amoklauf von Winnenden hat viele Eltern, Schüler und Lehrer tief erschüttert.

 

Es herrschen Furcht und große Verunsicherung.

Sieben mit dem Thema Schule befasste Bürgerinitiativen Baden-Württembergs haben sich deshalb zusammengetan. Denn uns allen war eines klar: Die sichwiederholenden Amokläufe haben auch etwas mit dem beklagenswerten Zustand der Schulen zu tun.

 

Beiliegend finden Sie deshalb den „Appell baden-württembergischer

Bildungsinitiativen an die Kultusministerinnen und Kultusminister anlässlich des 8. deutschen Schulamoklaufs in Winnenden (Baden-Württemberg)“.

 

Dieser Appell liegt uns sehr am Herzen. Deshalb fordern wir Sie auf, im

Schulwesen die seit langem ausstehenden Reformen vorzunehmen. Es kann nicht sein, dass unsere Kinder in der Schule zu Opfern werden!

 

Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!

Wir warten auf Ihre Stellungnahme.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Im Auftrag der unterzeichnenden Initiativen:

gez. Dr. Hans-Peter Waldrich, Petra Hoja

 

Anlage: Appell

 

Appell baden-württembergischer Bildungsinitiativen an die

Kultusministerinnen und Kultusminister anlässlich des 8. deutschen Schulamoklaufs seit 1999

 

Schulamokläufe haben viele Ursachen. Aber sie haben auch etwas mit dem Zustand der heutigen Schulen zu tun. Diese Tatsache wird in der Öffentlichkeit weitgehend ausgeblendet.

Es muss aber endlich gesehen werden, dass die schrecklichen Taten von

Schulamokläufern nur die Spitze des Eisbergs sind.

Denn es sind nicht nur diese Jugendlichen, die sich im heutigen Schulsystem unglücklich fühlen.

 

Das Schulsystem ist auch für viele andere

Kinder und Jugendliche eine Institution,

die Stress erzeugt, Ängste verstärkt und zu einer Vielzahl psychischer und psychosomatischer Erkrankungen führt. Schulamokläufer mögen vorgeschädigte Einzelgänger sein, dennoch sind ihre Probleme grundsätzlich auch die Probleme zahlloser anderer Schüler, auch wenn diese niemals auf die Idee kämen, in so grauenhafter Weise zu reagieren.

 

Schulen sind immer noch Institutionen,

 

• die Selektion und Ausgliederung wichtiger nehmen als ihren pädagogischen Auftrag,

 

• in denen Kinder und Jugendliche zum Konkurrieren um oft

fragwürdige Leistungen angetrieben werden,

 

• in denen junge Menschen häufig gekränkt und beschämt

werden,

 

• in denen die Ziffernnote Ängste, Neid und Missgunst auslöst,

 

• die eine wirkliche pädagogische Beziehung zwischen Lehrern

und Schülern erschweren,

 

• in denen alle unter Überlastung, Stofffülle und Zeithetze

leiden.

 

Dies muss sich endlich ändern!

 

Schulen müssen sich in Einrichtungen verwandeln,

 

• die Kinder und Jugendliche so annehmen können, wie sie

heute sind: nämlich oft irritierte, problembeladene junge

Menschen, die nach Orientierung suchen,

 

• die eine echte pädagogische Beziehung zwischen Schülern

und Lehrern ermöglichen,

 

• die die Erziehungsaufgaben der Eltern partnerschaftlich

einbeziehen.

 

• die nicht auf Konkurrenz, sondern auf soziales und

solidarisches Miteinander setzen,

 

• die durch den Unterricht keinen zusätzlichen Stress

erzeugen, sondern die natürliche Lernfreude der Kinder

aufnehmen und pflegen,

 

• die nicht nur von „Werten“ reden, sondern diese im

Lebensraum der Schule tatsächlich umsetzen und praktisch

verwirklichen.

 

Deutscher

Familienverband

Baden –

Württemberg e.V.

 

Wir fordern, dass es Schulen und Lehrern endlich ermöglicht wird,

ihre pädagogische Verantwortung wahrzunehmen! Dazu müssen

jedoch die Grundvoraussetzungen erfolgreichen Lernens ernst

genommen werden.

 

Gutes und erfolgreiches Lernen ist:

• angstfrei,

• in hohem Maße selbst bestimmt,

• individualisiert,

• frei von äußerem Zwang und Druck (z.B. durch die

Ziffernnote),

• kooperativ und gemeinschaftlich,

Gutes Lernen ermöglicht partnerschaftliche Beziehungen zwischen

Lehrern und Schülern auf der Basis des Vertrauens.

Deshalb müssen die Grundbedingungen der Schulen

verbessert werden durch

• kleinere Klassen (20 Schüler), in denen soziales

Miteinander und der Aufbau echter Beziehungen möglich ist

und leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler gezielt

gefördert werden können,

• mehr Lehrer (120%) für eine gesicherte und bessere Unterrichtsversorgung,

 

• Anpassung der Lehrer-Aus- und Weiterbildung an die

veränderten Gesellschaftsverhältnisse sowie Entlastung der

Lehrer durch Herabsetzung ihrer Verpflichtungen,

 

• den Einsatz von mehr Sozialarbeitern, Schulpsychologen

und Heilpädagogen, die Schwierigkeiten und Nöte der

Schüler frühzeitig erkennen,

 

• regelmäßige Gespräche zwischen Eltern und Schule für

eine schülerorientierte Beratungsarbeit,

 

• Stärkung des kreativen, sozialen und sportlichen Bereichs,

um den Kindern nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern

auch Hilfestellung für die Lebensgestaltung an die Hand zu

geben,

 

• Stärkung der frühkindlichen Bildung, damit Defizite im

Frühstadium erkannt und behoben werden können,

 

• verbesserten Übergang von Schule in Studium und Beruf.

Jugendliche brauchen eine Zukunftsperspektive und

qualifizierte Beratung für ihre Studien- und Berufswahl.

 

Schaffen Sie endlich das mehrfach gegliederte Schulsystem ab.

Gehen sie von der Selektion zur Kooperation und Inklusion über!

Befreien Sie die Schulen von ihren übergroßen Verpflichtungen:

von der Stofffülle, der Überlastung der Lehrer und Schüler, dem

chronischen Zeitmangel und Zeitdruck, mit bedingt durch unsere

Halbtagsschulen! Ermöglichen Sie, dass an den Schulen Ruhe

einkehrt und ein wirkliches pädagogisches Miteinander im Rahmen

einer rhythmisierten verbindlichen Ganztagsschule entsteht. Das

wäre ein wichtiger Beitrag gegen Schulamokläufe!

 

Deutscher

Familienverband

Baden –

Württemberg e.V.

Für Aktion Humane Schule Baden-Württemberg e.V.:

Landesgeschäftsstelle: Eugen-Bolz-Str. 13, 73430 Aalen

____________________ ____________________

1. Vorsitzender Stellvertretende Vorsitzende

Dr. Hans-Peter Waldrich Sabine Hergesell

Für Schule mit Zukunft e.V.:

Geschäftsstelle: Neue Weinsteige 6a, 70180 Stuttgart

____________________ ____________________

Vorsitzende Stellvertretende Vorsitzende

Petra Hoja Katharina Georgi-Hellriegel

Für den Arbeitskreis Gesamtelternbeiräte Baden-Württemberg:

Geschäftsstelle: Jusistraße 7, 72644 Oberboihingen

____________________ ____________________

Vorsitzende Stellvertretende Vorsitzende

Doris Barzen Waltraud Berndt-Mohr

Für Länger gemeinsam lernen Baden-Württemberg e.V.:

Geschäftsstelle: Anton-Kiene-Weg 2, 88279 Amtzell

____________________ ____________________

1. Vorsitzender Stellvertretender Vorsitzender

Rudolf Bosch Bernd Dieng

Für den Deutschen Familienverband Baden-Württemberg e.V.:

Geschäftsstelle: St. Georgener Straße 10, 79111 Freiburg

____________________

Vorsitzender

Uto R. Bonde

Für den Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie

Baden-Württemberg e.V.:

Geschäftsstelle: Alemannenstr. 1 c, 79312 Emmendingen

____________________ ____________________

1. Vorsitzende 2. Vorsitzende

Ina-Maria Lienhart Dr. Christiane Löwe

Für die Initiative zur Förderung rechenschwacher Kinder

Baden-Württemberg e.V.:

Geschäftsstelle: Höhenstr. 20, 75239 Eisingen

____________________

1. Vorsitzende

Margret Schwarz

Deutscher

Familienverband

Baden –

Württemberg e.V.

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