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Israelkritischer Beitrag: Integrations-Staatssekretärin muss gehen

Stand: 25.10.2023 18:15 Uhr

Schleswig-Holsteins Integrations-Staatssekretärin Marjam Samadzade hatte auf Instagram einen Beitrag kommentiert und laut Ministerium weiterverbreitet, in dem die israelische Regierung für ihre Angriffe nach dem Terroranschlag der Hamas kritisiert wurde. Nun lässt sie ihre Amtsgeschäfte ruhen.

von Anna Grusnick und Stefan Böhnke

Die schleswig-holsteinische Integrations-Staatssekretärin Marjam Samadzade muss ihr Amt niederlegen. Hintergrund ist die Weiterverbreitung eines israelkritischen Beitrags auf der Social-Media-Plattform Instagram. Das bestätigte ein Ministeriumssprecher NDR Schleswig-Holstein auf Anfrage.

Laut Justizministerium wird die 50-Jährige nun zunächst für zwei Monate auf ihre Planstelle als Richterin am Amtsgericht Ratzeburg (Kreis Herzogtum Lauenburg) zurückkehren. Welche Aufgaben sie dort übernehmen wird, ist noch unklar. Anfang kommenden Jahres soll sie dann zur Justizbehörde nach Hamburg wechseln.

Touré: Post entspricht nicht Haltung der Landesregierung

Samadzade hatte laut Sozialministerium am 17. Oktober über Instagram einen Post einer Journalistin kommentiert und nach Ministeriumsangaben auch auf ihrem Account aktiv weiterverbreitet. Darin sei die Regierung Israels für ihr Vorgehen nach dem Terroranschlag der Hamas scharf kritisiert und verurteilt worden. Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) betonte, dieser Post entspreche im Ansatz weder ihrer persönlichen Haltung noch der der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung.

"Unsere Haltung ist klar: Wir stehen an der Seite Israels, das das Recht hat sich selbst zu verteidigen. Israels Existenzrecht darf zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt werden."Sozialministerin Aminata Touré (Grüne)

Touré sagte, sie habe Staatssekretärin Samadzade in einem persönlichen Austausch gebeten, ihre Amtsgeschäfte sofort ruhen zu lassen und um ihre Entlassung als Staatssekretärin zu bitten. Diesem sei Samadzade nachgekommen. Nachfolgerin wird zum 1. November Silke Schiller-Tobies. Die Entlassungsurkunde wird laut Staatskanzlei nicht von Ministerpräsident Günther sondern von Touré übergeben. Günther will sich nicht zur Personalie äußern. Auch ein Statement von Samadzade selbst wird es nach Angaben einer Ministeriumssprecherin nicht geben. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Lasse Petersdotter sagte gegenüber NDR Schleswig-Holstein, er halte die Entscheidung Tourés für vollkommen richtig und freue sich auf die Zusammenarbeit mit Silke Schiller-Tobies.

Samadzade: "Danke für diese klaren Worte"

In dem besagten Post schreibt die Journalistin und Autorin Alice Hasters unter anderem: "Ich verurteile die Regierung Israels und die uneingeschränkte Solidarisierung internationaler Regierungen ihres Vorgehens." Sie sei enttäuscht und schockiert, heißt es weiter, wie in Deutschland mit diesem Konflikt umgegangen werde. "Es scheint, als ob Deutschland nur bereit ist, Antisemitimus durch die Verbreitung von Antimuslimischen und Antipalästinensischen Rassismus zu bekämpfen."

Samadzade reagierte auf den Post mit der Aussage: "Danke für diese klaren Worte" und versah die Antwort mit einem Herz.

Wechsel auf Wunsch von Ministerin Touré vorgezogen

Die Ministerin kommt mit der vorzeitigen Auswechslung ihrer Staatssekretärin zuvor: Samadzade hatte bereits im Sommer angekündigt, Ende des Jahres aus dem Amt ausscheiden und zur Justizbehörde Hamburg zurückkehren zu wollen.

In der vergangenen Woche hatte das Sozialministerium die Öffentlichkeit darüber informiert, dass der Wechsel auf "Wunsch von Ministerin Aminata Touré" bereits zum 1. November erfolgt und dass Silke Schiller-Tobies neue Staatssekretärin werden soll. Über den israelkritischen Post und die damit verbundenen Konsequenzen informierte das Ministerium zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, sondern erst auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein.

Opposition fühlt sich über die wahren Hintergründe getäuscht

Schleswig-Holsteins SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli wirft Samadzade mangelnde Sensibilität vor: Es sei problematisch, weil sie auf Social Media nicht als Privatperson unterwegs sei. Als Staatssekretärin sei sie politische Beamtin, es gehe aber auch um die Position, so Midyatli. "Auch wenn es Teile des Posts betrifft, ist aber klar, dass das natürlich in der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen wird, als würde man sich gegen seine Landesregierung stellen." Die SPD-Chefin kritisierte außerdem, dass die Gründe für die anstehende Entlassung der Staatssekretärin von Sozialministerin Touré zunächst nicht transparent gemacht und sie erst auf Nachfrage bekannt wurden. Dies sei ein Fehler gewesen.

Es sei ein unglaublicher Vorgang, meint FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, dass ein Mitglied der Landesregierung einen solchen Post weiterverbreite. "Wir haben kurz vorher als Landtag einstimmig die Solidarität mit Israel erklärt und dann ein solches Verhalten." Auch der Umgang mit der Personalie werfe viele Fragen auf. In einer kleinen Anfrage hatte die Fraktion in der vergangenen Woche Fragen zu den Hintergründen des vorzeitigen Wechsels gestellt. Das sei nicht vernünftig beantworten worden, moniert Vogt. "Da war nicht die Rede davon, dass es aufgrund eines politischen Eklats war." Das sei dubios und intransparent und müsse aufgeklärt werden.

Lasse Petersdotter hält von dem Vorwurf, man habe den Vorfall verschweigen wollen, wenig. Der vorzeitige Wechsel sei die primäre Botschaft gewesen, die es zu kommunizieren gegolten habe. "Dass die Opposition da jetzt ein großes Gerufe draus macht, das mag der Tradition des Parlamentarismus geschuldet sein. Ich halte davon wenig", so der Fraktionschef gegenüber NDR Schleswig-Holstein.

 

FDP will Personalie im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren

Vogt erwartet, dass das Ministerium nun schnellstmöglich veröffentlicht, "was da genau gewesen ist". Alles müsse auf den Tisch gelegt werden. Die FDP möchte daher so schnell wie möglich im Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages über die Personalie Samadzade reden und erwartet Antworten von der Ministerin: "Frau Touré muss die Chaostage in ihrem Ministerium jetzt endlich beenden und muss uns im Innen- und Rechtsausschuss Rede und Antwort stehen."

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In seiner heutigen Rede erklärt Nethanyahu, man solle mit Gaza dasselbe machen, was in den Bibel zu Amalek steht.
Dort heißt es in Samuel 15:3:

"So zieh nun hin und schlag Amalek. Und vollstreckt den Bann an allem, was es hat; verschone sie nicht, sondern töte Mann und Frau, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel."

Solche Aussagen zeigen, es geht nicht um Selbstverteidigung, es ist ein Aufruf zur Gewalt gegen alle Palästinenser, zur Gewalt gegen Unschuldige.

 

J. H. 

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Offener Brief jüdischer Intellektueller:Die Freiheit der Andersdenkenden

Über 100 in Deutschland beheimatete jüdische Künstler:innen, Schrift­stel­le­r:in­nen und Wis­sen­schaft­le­r:in­nen unterzeichnen diesen offenen Brief. Sie appellieren für Frieden und Meinungsfreiheit.

Ben Osborn, Musiker und Schriftsteller

Rachel Pafe, Schriftstellerin und Forscherin

Peaches, Mu­si­ke­r*in

Siena Powers, Künstlerin und Schriftstellerin

Udi Raz

Aurelie Richards, Kunstvermittlerin

Kari Leigh Rosenfeld

Liz Rosenfeld

Ryan Ruby, Schriftsteller

Rebecca Rukeyser, Schriftstellerin

Alon Sahar

Tamara Saphir

Eran Schaerf

Anne Schechner

Oded Schechter, Wissenschaftler

Jake Schneider

Ali Schwartz

Cari Sekendur, Designerin

Yael Sela (Teichler), Historikerin

Mati Shemoelof, Dichter und Schriftsteller

Maya Steinberg, Filmemacherin

Robert Yerachmiel Sniderman, Dichter und Künstler

Avinoam J. Stillman

Virgil B/G Taylor

Tanya Ury, Künstlerin und Schriftstellerin

Ian Waelder, Künstler und Verleger

Rachel Wells, Performerin und Produzentin

Sarah Woolf

Yehudit Yinhar

Sivan Ben Yishai, Schriftsteller

Dafna Zalonis, Künstlerin

 

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  • 2 Wochen später...

"Israel ist nicht für die Ungerechtigkeit der Welt verantwortlich. Aber es ist für die Vertreibung der Palästinenser verantwortlich... Schauen wir auf das Westjordanland! Hier terrorisieren Siedler palästinensische Bauern... Die deutschen versuchen, sich von ihret Schuld zu entlasten, indem sie israilisches Unrecht an einer anderen Gruppe befürworten! Die deutsche Besessenheit, auf der richtigen Seite zu stehen, bekommt eine dunkle Kehrseite."

 

Philosoph Slavoj Zizek

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"Wenn Deutschland jetzt von allen hier Lebenden ein klares Bekenntnis gegen die Art des Terrors der Hamas erwartet, finde ich das - richtig. Da gibt es kein Aber, denn absolut nichts rechtfertigt das Töten von Zivilisten und vor allem Kindern. Das haben auch alle in meiner Klasse verstanden.

Wir müssen uns nur entscheiden. Verlangen wir heute dieses Bekenntnis, werden wir in Zukunft daran gemessen. Entweder dieses Bekenntnis gilt prinzipiell oder eben nicht, dann aber eben auch für alle. Das Übergehen der Verbrechen der jüdischen Siedler im Westjordanland, das Schweigen zu den selbst von der UNO als solche bezeichneten Kriegsverbrechen Israels sind meiner Klasse nicht vermittelbar. Die Doppelmoral ist zu offensicht."

 

Peter Franzik, Lehrer in Berlin-Neuköll 

(Name des Lehrers anonymisiert)

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  • 2 Wochen später...

UMFRAGE ZUM NAHOSTKONFLIKT

Mehrheit der Deutschen stehtnicht an der Seite Israels
 
Faz
Von Renate Köcher, Institut für Demoskopie Allensbach
23.11.2023
, 05:49
 
 
Der Krieg im Nahen Osten beunruhigt die meisten Menschen in Deutschland. Aber in der Einschätzung der Ereignisse ist die Bevölkerung gespalten. Nur eine Minderheit ist der Ansicht, Deutschland habe eine besondere Verantwortung für Israel.
Der 

Krieg im Nahen Osten beunruhigt die große Mehrheit der Bevölkerung außerordentlich. 76 Prozent sind über die Situation besorgt, beim politisch inter­essierten Teil der Bevölkerung liegt der Anteil noch über diesem Durchschnitt. Gleichzeitig besteht jedoch kein Konsens bei der Bewertung des Konflikts und der Reaktion Israels auf den barbarischen Angriff der Hamas. Zwar ist vielen bewusst, dass Israel ein Land ist, das von steter Bedrohung geprägt ist. Die Ereignisse vom 7. Oktober haben diese Bedrohungslage auf grausame Weise ins Gedächtnis gerufen.

Trotzdem gibt es nur begrenzte Unterstützung für Israels Reaktion. Die Bevölkerung ist in dieser Frage gespalten: 35 Prozent sehen es als das Recht Israels an, in den Gazastreifen einzumarschieren und hart gegen die Hamas vorzugehen, um die Sicherheit des eigenen Landes wiederherzustellen. 38 Prozent votieren dagegen für ein zurückhaltendes Vorgehen, um Opfer unter der ­palästinensischen Bevölkerung wie auch eine wachsende Unterstützung für die Hamas zu vermeiden. Diese Position wird vor allem von Frauen und der ostdeutschen Bevölkerung vertreten. 37 Prozent der Westdeutschen und 45 Prozent der Ostdeutschen votieren für ein militärisch zurückhaltendes Vorgehen Israels. 

 
 
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  • 2 Wochen später...
  • 3 Wochen später...

Premier De Croo kündigt Einreiseverbot für extremistische israelische Siedler aus dem Westjordanland an

Belgiens Premierminister Alexander De Croo (Open VLD, Foto) fordert ein Einreiseverbot von extremistischen israelischen Siedlern aus dem besetzten Westjordanland. Vor allem solche, die wegen Übergriffen auf palästinensische Zivilisten verurteilt werden und wurden, sollen nicht mehr nach einreisen können, so De Croo.

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Spanien, Irland, Belgien und Malta fordern einen EU-Gipfel für einen Waffenstillstand im Gazastreifen

n einem Brief der vier Premierminister an Charles Michel, der auch den Vorsitz der EU-Gipfel führt, wird auf die Schwere des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen und die Möglichkeit einer Eskalation des Konflikts in der Region hingewiesen.
In dem von Reuters eingesehenen Brief hieß es, die Staats- und Regierungschefs der EU sollten sich auf eine gemeinsame Position einigen und „alle Parteien dringend auffordern, einen langfristigen humanitären Waffenstillstand auszurufen, der zu einem Ende der Feindseligkeiten führen könnte“ und Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen fordern Medienberichte.

Die vier Länder, die Israel wegen seines Umgangs mit dem Konflikt kritisiert haben, fordern, dass „so schnell wie möglich“ eine internationale Friedenskonferenz zu Gaza abgehalten wird, um über die Gründung eines palästinensischen Staates an der Seite Israels zu diskutieren.

In dem Brief heißt es außerdem, dass die Vermögenswerte gewalttätiger israelischer Siedler, die vertriebene palästinensische Gemeinden angreifen, eingefroren werden sollten, um die Ausbreitung der Gewalt im Westjordanland zu verhindern.

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Yedioth Ahronoth: 

"Nova Concert victims sue Israel"

42 victims of the Oct.  7 Nova concert have filed a civil lawsuit against the IDF, police, and Israel's internal security service.

Lawsuit alleges negligence and a failure to act on warnings of a potential security threat.  

Several victims have already decided to publicly comment that the Israeli army fired at them out of control.  A police investigation also confirmed that many of the October 7 victims were killed by the IDF.

 

.... 

 

Yedioth Ahronoth: „Opfer des Nova-Konzerts verklagen Israel“ 42 Opfer des Nova-Konzerts vom 7. Oktober haben eine Zivilklage gegen die IDF, die Polizei und den israelischen Geheimdienst eingereicht. In der Klage werden Fahrlässigkeit und die Nichtbeachtung von Warnungen vor einer potenziellen Sicherheitsbedrohung geltend gemacht. Mehrere Opfer haben bereits beschlossen, öffentlich zu kommentieren, dass die israelische Armee außer Kontrolle geraten sei und auf sie geschossen habe. Eine polizeiliche Untersuchung bestätigte außerdem, dass viele der Opfer vom 7. Oktober von der IDF getötet wurden.

 

 

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ESSAY VON

DANIEL BAX, TAZ, 7.1.24

Daniel Bax

Israels Krieg in Gaza:

Das laute Schweigen der Deutschen

Mit der Haltung zum Nahost-Krieg verrät Deutschland seine Werte. Statt den Kurs zu hinterfragen, verstehen sich Medien als Hüter der „Staatsräson“.

Karikatur von übereinander gestapelten Raketen mit Davidstern

Laut CNN seien fast die Hälfte der Bomben, die Israels Armee über Gaza abwerfe, „dumme“, unpräzise Bomben, die viele Zivilisten tötetenIllustration: Katja Gendikova

Zu Russlands Krieg gegen die Ukraine fanden deutsche Politikerinnen und Politiker klare Worte. Deutschland stehe „in der Pflicht, die Menschenrechte überall und zu jeder Zeit zu achten und zu verteidigen“, erklärte Olaf Scholz im Herbst 2022 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. Den Internationalen Strafgerichtshof und den UN-Menschenrechtsrat werde sein Land „mit aller Kraft“ unterstützen, versprach er. Und: Hunger dürfe nie wieder als Waffe eingesetzt werden, sagte der Kanzler an anderer Stelle.

„Gezielte Angriffe auf zivile Infrastrukturen – mit der klaren Absicht, Männer, Frauen und Kinder von Wasser, Strom und Heizung abzuschneiden – sind reine Terrorakte“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Oktober 2022 vor dem Europaparlament in Straßburg, wo sie auch klarstellte: „Das sind Kriegsverbrechen.“ Und Außenministerin Baerbock sagte im Februar 2023 vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf mit Blick auf die Kinder, die in diesem Krieg zum Opfer werden: „Wir müssen ihre Namen aussprechen und ihre Rechte fördern. Und wir müssen die Täter beim Namen nennen“.

Zu Israels Kriegsführung in Gaza fehlen deutschen Politikerinnen und Politikern dagegen die Worte – und das seit drei Monaten. Bei allen Unterschieden – es gab keinen Terrorangriff auf Russland, die Ukraine ist ein souveräner Staat – wird jetzt auch in Gaza eine zivile Bevölkerung kollektiv bestraft und deren zivile Infrastruktur angegriffen, werden überproportional viele Kinder getötet und Hunger als Waffe eingesetzt. All das sind Kriegsverbrechen. Doch der deutschen Politik hat es die Sprache verschlagen. Damit verrät Deutschland seine Werte, macht sich unglaubwürdig und entfremdet sich vom Rest der Welt.

Katastrophale Lage

In seiner Neujahrsansprache erwähnte Scholz die Lage in Gaza mit keiner Silbe, dabei ist sie dramatisch. 85 Prozent der 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen wurden in den letzten drei Monaten innerhalb ihrer Enklave vertrieben und suchen in deren Süden Schutz, die Hälfte von ihnen ist minderjährig. Mehr als einer Million droht der Hungertod, warnt die UN. Vier von fünf der hungrigsten Menschen der Welt leben in Gaza, schrieb UN-Generalsekretär António Guterres kurz vor Weihnachten auf dem Nachrichtendienst X. Ein Viertel der Menschen in Gaza könnte im Laufe eines Jahres an Hunger und Krankheiten sterben, weil es an Nahrung, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung fehlt, warnt die Global-Health-Analystin und Guardian-Kolumnistin Devi Sridhar. Die Menschenrechtsorganisationen Oxfam und Human Rights Watch werfen Israel vor, Hunger als Kriegswaffe zu benutzen.

Mehr als 22.000 Menschen sind offiziellen palästinensischen Angaben zufolge bereits israelischen Bomben zum Opfer gefallen, mehr als zwei Drittel davon sollen Frauen und Kinder sein. Die tatsächliche Zahl dürfte höher sein, weil Tausende weitere Menschen womöglich noch unter den Trümmern begraben liegen. Zehntausende sind teilweise schwer verletzt, allein tausend Kinder sollen eines oder beide Beine verloren haben. Doch höchstens 13 von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen sind laut der WHO noch funk­tionsfähig, im Norden kein einziges mehr.

Schon jetzt stelle die israelische Kriegsführung in Gaza die Zerstörung von Aleppo und Mariupol, Mossul und Rakka in den Schatten, sagen Experten

Unter den vielen Opfern finden sich eine Rekordzahl an Ärztinnen und Ärzten, Journalistinnen und Journalisten, UN-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, aber auch Intellektuelle und Kunstschaffende. Das Rechercheteam von Forensic Architecture wirft Israel eine systematische Kampagne gegen die medizinische Infrastruktur in Gaza vor. Das Internationale Presse-Institut (IPI) spricht von „der größten Anzahl von Journalisten, die in einem modernen Krieg oder Konflikt in so kurzer Zeit getötet wurden“. Das Committee to Protect Journalists (CPJ) in New York zeigte sich „besonders besorgt über ein offensichtliches Muster von Angriffen des israelischen Militärs auf Journalisten und ihre Familien“.

Die vierte Gewalt fällt aus

Die israelische Kriegsführung im Gazastreifen gehöre schon jetzt zu den tödlichsten und zerstörerischsten der jüngeren Geschichte, berichtete die amerikanische Agentur Associated Press. In knapp drei Monaten habe Israels Armee mehr Zerstörung angerichtet als Assads Armee im syrischen Aleppo in den vier Jahren zwischen 2012 und 2016, Russlands Armee im ukrainischen Mariupol oder die US-geführte Koalition in ihrem dreijährigen Feldzug gegen den IS in Mossul und Rakka. Sie zitierte die Wissenschaftler Corey Scher und Jamon Van Den Hoek, zwei ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Kartierung von Kriegsschäden, die dafür Satelliten­daten auswerteten.

Der US-Sender CNN berichtete, fast die Hälfte der Bomben, die Israels Armee über Gaza abwerfe, seien sogenannte „dumme“, unpräzise Bomben, die viele Zivilisten töteten. Die New York Times berichtete, Israels Armee habe einige dieser „dummen“ 2.000-Pfund-Bomben über Gebieten abgeworfen, die sie vorher zu angeblich sicheren Schutzzonen für die Zivilbevölkerung erklärt habe, auch über Flüchtlingslagern.

Solche Recherchen sucht man in deutschen Leitmedien vergeblich. Hier empört man sich eher über Greta und Masha Gessen als über den Krieg in Gaza. Denn viele Journalistinnen und Journalisten hierzulande verstehen sich vor allem als Hüter der Staatsräson. Sie sind mehr damit beschäftigt, abweichende Meinungen zu verurteilen, als den deutschen Schulterschluss mit Israel zu hinterfragen. Statt ihre Leserinnen und Leser zu informieren, missionieren sie. Als vierte Gewalt fallen sie aus. Deshalb machen sich in Deutschland viele keine Vorstellung davon, was gerade in Gaza passiert. Oder, weil sie es gar nicht wissen wollen. Weil sie sich die Dinge schönreden.

Bedenkliche Fantasien

Wenn das Ziel des Krieges ist, die Hamas, und ausschließlich die Hamas, vernichtend zu schlagen – warum hat die israelische Armee den Norden von Gaza praktisch unbewohnbar gemacht? Warum zweifeln israelische Politikerinnen und Politiker bis hin zum Präsidenten an, dass man in Gaza zwischen Terroristen und Zivilbevölkerung unterscheiden könne? Warum sprechen manche Minister ganz offen davon, die Palästinenser aus Gaza zu vertreiben und dort wieder jüdische Siedlungen zu errichten? Und warum beschwor der israelische Premier im Kampf gegen die Hamas die biblische Legende vom Volk Amalek, das immer wieder gegen das Volk Israel kämpfte und dafür zur Strafe mit Stumpf und Stiel ausgerottet wurde?

Diese Fragen könnten Politik und Medien stellen. Doch in Deutschland klammert man sich noch immer an die Vorstellung, Israel sei ein Staat, mit dem man gemeinsame Werte teile und der sich an das Völkerrecht halte. Dabei hat Israel eine lange Geschichte von dokumentierten Kriegsverbrechen, die nie geahndet wurden, und für Palästinenser, die unter seinem Besatzungsregime leben, gilt ein anderes Recht als für israelische Staatsbürger – das Militärrecht. Relevante Menschenrechtsgruppen – nicht nur Amnesty International, sondern auch Human Rights Watch und die israelische Organisation B’Tselem – sprechen deshalb von einem Apartheidsystem.

Schwere Vorwürfe

Wie anders in anderen Teilen der Welt über Israels Kriegsführung gedacht wird, zeigt Südafrikas Vorstoß, das Land jetzt wegen „Völkermord“ vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verklagen. Auch die Regierungen Brasiliens, Kolumbiens und Boliviens, Algeriens und anderer Staaten erheben den Genozid-Vorwurf gegen Israel. Südafrikas 84-seitige Anklageschrift versucht zu belegen, dass es sich bei der massiven Zerstörung und den vielen Toten im Gazastreifen um das Ergebnis einer gezielten Strategie handelt. Es ist eine bedrückende Lektüre.

Im Eilverfahren sollen die UN-Richter aus Sicht Südafrikas nun ein Ende der Gewalt gegen Palästinenserinnen und Palästinenser anordnen. Vier von fünf Staaten der Welt stimmten bereits im November in der UN-Generalversammlung für einen sofortigen humanitären Waffenstillstand in Gaza. Deutschland gehörte zu den wenigen Ländern, die dagegen stimmten oder sich enthielten. Europäische Staaten stimmten kreuz und quer – Österreich und Tschechien an der Seite Israels und der USA; Frankreich, Spanien und Belgien dagegen für einen Waffenstillstand. Deutschland enthielt sich. Eine gemeinsame europäische Außenpolitik liegt in Trümmern. Jean Asselborn, Luxemburgs Ex-Außenminister, warnte daher schon vor einem Monat: „Die Geschichte wird uns das nicht verzeihen.“

Ob es sich im juristischen Sinne um Völkermord handelt, werden Juristinnen und Historiker vermutlich erst rückblickend beurteilen. Fest steht aber schon jetzt, dass es im Gaza-Krieg deutliche Anzeichen für massive Kriegsverbrechen gibt – nicht nur seitens der Hamas bei ihrem Massaker am 7. Oktober und ihren ständigen Raketenangriffen, sondern auch seitens der israelischen Armee, durch die kollektive Bestrafung und ihr Dauerbombardement der Zivilbevölkerung von Gaza. Nur Israels Partnerländer können sie von ihrem verhängnisvollen Kurs abbringen. Selbst US-Präsident Joe Biden hat die israelische Regierung davor gewarnt, sich durch ihr „willkürliches Bombardement“ zu isolieren. Die Bundesregierung aber schweigt und macht sich so mitschuldig.

Die Deutschen möchten gerne glauben, sie hätten aus ihrer Geschichte gelernt. Der Rest der Welt hört ihr lautes Schweigen und sieht ihr bewusstes Wegschauen. Er nimmt deutsche Politikerinnen und Politiker nicht mehr ernst, wenn sie von Menschenrechten sprechen. Das hat fatale Folgen: Es untergräbt die Bemühungen um eine regelbasierte Weltordnung und ermuntert auch andere Staaten, auf das Recht des Stärkeren zu setzen.

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The countries supporting South Africa's claims of GENOCIDE against ISRAEL:

🇧🇴 Bolivia
🇧🇪 Belgium
🇲🇻 The Maldives
🇻🇪 Venezuela
🇳🇦 Namibia,
🇦🇫 Afghanistan
🇦🇱 Albania
🇦🇿 Azerbaijan
🇧🇭 Bahrain
🇧🇩 Bangladesh
🇧🇯 Benin
🇦🇪 United Arab Emirates (UAE)
🇧🇳 Brunei
🇧🇫 Burkina Faso
🇩🇿 Algeria
🇩🇯 Djibouti
🇹🇩 Chad
🇮🇩 Indonesia
🇲🇦 Morocco
🇨🇮 Cote d'Ivoire
🇵🇸 Palestine
🇬🇦 Gabon
🇬🇲 Gambia
🇬🇳 Guinea
Guinea Bissau
🇬🇾 Guyana
🇮🇶 Iraq
🇮🇷 Iran
🇨🇲 Cameroon
🇶🇦 Qatar
🇰🇿 Kazakhstan
🇰🇬 Kyrgyzstan
🇰🇲 Comoros
🇰🇼 Kuwait
🇱🇾 Libya
🇱🇧 Lebanon
🇲🇻 Maldives
🇲🇾 Malaysia
🇲🇱 Mali
🇪🇬 Egypt
🇲🇷 Mauritania
🇲🇿 Mozambique
🇳🇪 Niger
🇳🇬 Nigeria
🇺🇿 Uzbekistan
🇵🇰 Pakistan
🇸🇳 Senegal
🇸🇱 Sierra Leone
🇸🇴 Somalia 
🇸🇩Sudan
🇸🇷 Suriname
🇸🇾 Syria
🇸🇦 Saudi Arabia
🇹🇯 Tajikistan
🇹🇬 Togo
🇹🇳 Tunisia
🇹🇷 Turkey
🇹🇲 Turkmenistan
🇺🇬 Uganda
🇴🇲 Oman
🇯🇴 Jordan
🇾🇪 Yemen

The countries DENYING claims of ISRAELI genocide:

🇺🇸 United States
🇬🇧 United Kingdom

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UN-Experten werfen Israel unmenschliche Kriegstaktik vor

Krieg in Nahost: UN-Experten: Israel setzt Hunger als

Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens ist nach Angaben der Vereinten Nationen unmittelbar von einer Hungersnot bedroht. Das UN-Nothilfebüro OCHA wies am Mittwoch erneut darauf hin, dass bereits 378.000 der 2,2 Millionen Einwohner des palästinensischen Küstenstreifens unter einer "katastrophalen" Mangelversorgung litten. Der Rest der Bevölkerung sei von einer Nahrungsmittelkrise betroffen.

 

Eine Gruppe von acht UN-Menschenrechtsexpertinnen und -experten warf Israel vor, Hunger als Kriegstaktik einzusetzen und sprach von einem "sich entwickelnden Völkermord". "Es ist beispiellos, dass man eine gesamte Zivilbevölkerung so schnell und vollständig hungern lässt. Israel zerstört die Nahrungsmittelversorgung im Gazastreifen und nutzt Nahrungsmittel als Waffe gegen das palästinensische Volk", schrieben sie in einer Stellungnahme.

Israel zerstöre und blockiere den Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen und zum Meer, kritisierten die Fachleute. Sie wiesen auf Berichte hin, wonach Israel im Zuge der Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas mehr als ein Fünftel der Anbauflächen im Gazastreifen vernichtet habe. Außerdem sei ungefähr 70 Prozent der Fischereiflotte zerstört worden. Die Fachleute forderten ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfslieferungen. (dpa) 17.01.2024

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Gazastreifen noch immer ohne Telekommunikationsdienste

  • 13:20 Uhr

Die Telekommunikationsdienste im Gazastreifen sind am Mittwoch bereits den sechsten Tag in Folge ausgefallen. Das im Westjordanland ansässigen palästinensischen Kommunikationsunternehmen Paltel hatte am Freitag gemeldet, dass alle Kommunikations- und Internetdienste in dem umkämpften Küstenstreifen nicht mehr funktionierten. Als Grund nannte Paltel die "anhaltende Aggression" im Gazastreifen. Paltel machte bislang keine Angaben, wann die Dienste wieder in Betrieb gehen können.

Die Organisation NetBlocks, die für die Beobachtung von Internetsperren bekannt ist, sprach von der am längsten anhaltenden Störung der Telekommunikation seit Beginn des Gaza-Kriegs. Die meisten Einwohner des Gazastreifens hätten seit dem 12. Januar keinen Kontakt mehr zur Außenwelt gehabt. (dpa/phs) 17.01.2024

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